Cushendall zählt zu den malerischen Orten entlang der Causeway Coastal Route. Gut erhaltene georgianische Häuser, rote englische Telefonzellen und der steinerne Curfew Tower machen das Dorf zu einem beliebten Touristenort. Dazu gibt es einen hübschen Kiesstrand, der so manch einen Iren zum Bad im Nordkanal verführt. Unser Ziel ist die Layd Old Church, eine Kirchenruine nördlich von Cushendall. Sie ist über den Cushendall Coastal Path zu Fuß gut zu erreichen. Vorausgesetzt natürlich, man findet einen Parkplatz.
Bei unserer Ankunft in Cushendall geraten wir in ein mittelprächtiges Verkehrschaos. Hübsche Orte teilen in Nordirland alle das Schicksal, gut besucht zu sein. Die Suche nach einer Parklücke brechen wir nach wenigen Augenblicken ergebnislos ab. Zu viele Autos schieben sich zwischen den georgianischen Häusern hindurch. Und auch am Strand sieht es keinen Deut besser aus. Da wir bereits zuvor zu den Cranny Falls spaziert sind, verzichten wir auf die Wanderung entlang dem Küstenpfad und fahren direkt weiter zur Layd Old Church. Der Parkplatz der Kirche bietet nur wenigen Fahrzeugen Platz, ist dafür aber bei unserer Ankunft komplett leer.
Vom Mittelalter (genau ab dem Jahr 1306) bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert diente die Layd Old Church als Pfarrkirche von Cushendall. In vielen Berichten wird sie als ein Stift der Franziskaner beschrieben. Laut der Infotafel vor Ort ist eine Verbindung mit den Franziskanern jedoch nicht dokumentiert. Das Gotteshaus ist traditionell dem Schutzpatron St. Kieran of Saighir geweiht. Er war einer der zwölf Apostel Irlands. Einer Legende nach ist er der erste Heilige, der in Irland das Licht der Welt erblickte. Ob Kieran wirklich dem Saint Patrick vorausging ist ebenfalls nicht ausreichend belegt.
Vom Zuweg aus blicken wir in eine grüne Mulde. Hier stand einst die prächtige, aus rotem Stein erbaute Layd Old Church. Darüber befand sich ein strohgedecktes Dach. Es muss ein auffallender und besonderer Anblick gewesen sein. Heute stehen ein paar Grabsteine schief in der Wiese herum. Dahinter ragen die spärlichen Reste des Gemäuers empor. Die beiden letzten Geistlichen der Kirche waren Reverend John McArthur und sein Sohn Reverend Dennis McArthur. Der Vater starb 1746, sein Sohn folgte 1796. Auch wenn man die Kirche bereits um 1790 aufgegeben hatte, wurde Dennis McArthur hier nahe seinem Vater beigesetzt.
Neben den Bewohnern von Cushendall fanden auch Auswärtige Gefallen an der Kirche. So wurde Layd Old Church nach Bonamargy zur Hauptbegräbnisstätte der McDonnells of Kilmore, den einstigen Besitzern der Burg von Dunluce. Bestattungen in- und außerhalb überformten das ursprüngliche Erscheinungsbild der Kirche zusehends. So wurde das Bodenniveau im Innern durch die Beisetzungen um mindestens einen Meter erhöht. Das erklärt, warum manch ein Fenster heute fast ebenerdig ist. Die Steinplatten der McDonnells stehen indes außerhalb. Es sind die edleren Grabsteine des Friedhofs. Ein filigran verziertes Keltenkreuz erinnert an einen der bekanntesten Söhne Cushendalls, Doktor James MacDonnell. Er gilt als Pionier in der Verwendung von Chloroform für chirurgische Eingriffe.
Das Areal um die Layd Old Church lernen wir als ein wirkliches kleines Idyll schätzen. Bei günstiger Witterung ist die schottische Küste in der Ferne sichtbar. Zuletzt verleihen die schief stehenden Grabsteine der Ruine ein mystisches Antlitz. Gruselgeschichten über die Kirche sind uns jedoch unbekannt. Und auch die Dorfjugend kann das alte Gemäuer nicht schrecken. Zwei Jungs sind die einzigen, denen wir auf der Anhöhe begegnen. Sie klettern mutig den alten Giebel der Kirche hinauf. Doch wer soll es ihnen verdenken? Cushendall ist ein ausgemachter Touristenort. Ansonsten aber scheint hier der Hund begraben.