Es steht unser Ausflug nach Rathlin Island an. Wir wollen Papageitaucher, sprich: Puffins sehen. So sind wir auch trotz eines mageren Frühstücks in unserem B&B in Ballycastle, bestehend aus selbst mitgebrachten Keksen und Instant-Kaffee vom Zimmer, gut ausgeschlafen und vergnügt.
Ein kleiner Wermutstropfen jedoch ist der Blick aus dem Fenster in einen grau bewölkten Himmel. Aber das kann sich in Irland ja minütlich ändern. Schön ist dafür, dass wir das Auto nach den langen Fahrten der Vortage stehenlassen und zu Fuß hinunter zum Fährhafen gehen können. Wir sind bereit für die größte Insel der irischen Küste.
Kaum sind wir dort angekommen, nähert sich auch schon ein Schiff. Ist das etwa unsere Fähre für die Überfahrt nach Rathlin Island? Nein, beim Anlegen entpuppt sich das Schiff als Autofähre. Sie ist so klein, dass höchstens drei Autos auf dem Parkdeck Platz finden. Aber wieso sollte sie auch größer sein? Nach der potato famine, der Großen Hungersnot zwischen 1845 und 1849, schrumpfte die Einwohnerzahl von Rathlin Island von über 1000 auf unter 100 Menschen. Daneben haben sich die Einkommensquellen, welche den Lebensunterhalt der Insulaner sichern, längst gewandelt. Der früher bedeutende Fischfang und die Landwirtschaft spielen nur noch eine Nebenrolle. Wichtigster Erwerbszweig ist heute der Fremdenverkehr auf der Insel.
Um den Besuchern gerecht zu werden, wurde eine Schnellfähre angeschafft, die ausschließlich für den Personenverkehr ausgelegt ist. Und genau diese nutzen wir an diesem diesigen Morgen. Der Wind pfeift uns um die Ohren und zerzaust das Haar. Aber wir sind hart im Nehmen und bleiben die Fahrt über auf dem oberen Außendeck. Während die Autofähre 40 Minuten vom Festland nach Rathlin benötigt, bringt uns die Schnellfähre in 25 Minuten hinüber zur Church Bay der Insel. Das halten wir wohl durch.
Bei unserer Ankunft steht bereits Bert's Puffin Bus bereit. Eigentlich wollten wir den Inselbesuch mit einem ordentlichen Frühstück starten. Wenn der Bus aber schon parat steht, nutzen wir die Gelegenheit natürlich. Fünf Pfund Sterling pro Person ist angesichts der kurzen Strecke und des in die Jahre gekommenen Vehikels happig. Doch wir lassen uns vom uralten, rostigen Klapperbus zum Westende von Rathlin Island fahren. Nach einer knappen Viertelstunde erscheint schließlich das graue Gebäude der Vogelstation vor uns.
Puffins, Klippenmöwen und Tordalke bei Rathlin Island
Die Vogelwarte ist einladend aufgemacht und auch das Personal begegnet uns äußerst nett. Sie sind sehr darauf erpicht, den Nachweis von Puffins bzw. Papageitaucher zu erbringen. Denn während uns auf den Shetlandinseln die Puffins quasi vor der Nase herumgehüpft sind, muss man hier ganz schön weit den Felsen hinabblicken. Am Geländer der Aussichtsplattform stehen Spektive bereit, welche auf die niedlichen Vögel ausgerichtet sind.
Das ist schön zum Beobachten. Zum Fotografieren aber braucht es da doch einiges an Geschick. Durch ihre orangen Patschfüße sind die Papageitaucher gut zu erkennen. Deutlich leichter zu entdecken sind jedoch die Klippenmöwen und Tordalke, die zuhauf in der Steilwand der Klippe hängen.
Schließlich steigen wir noch kurz hinab in den Leuchtturm am Westende der Insel. Ja, hier befindet sich das Licht nicht auf dem Turm, sondern ist am unteren Teil des Turms angebracht. Auf halber Höhe in der Felswand ist dieses von der See aus besser zu sehen, was angesichts gefährlicher Strömungen und der zerklüfteten Meeresgrund wichtig für die Schifffahrt ist. Schöne Ausblicke auf die Vogelwarte eröffnen sich einem aber auch bei der Klippenwanderung auf Rathlin Island. Wir laufen damit zunächst auf die Klippen direkt oberhalb des Vogelfelsen.
Wir kehren gleich wieder um und laufen ein Stück entlang der Zufahrt. Wo genau ist nun der Start der Wanderung? Dieser ist kaum auszumachen, weshalb wir entlang dem Viehzaun bis zum Kebble Lough hinunterlaufen. Am unteren Ende erreichen wir tatsächlich etwas, was einem Pfad ähnelt und in unregelmäßigen Abständen mit Leitpfosten markiert ist. Übersteighilfen ermöglichen es, die zwischen den Weiden gezogenen Viehzäune zu überwinden. Wenig später stehen wir dann auch schon über den Kebble-Klippen und blicken auf den nächsten Vogelfelsen.
Leider währt das Aussichtsvergnügen nur einen Moment. Wenigen einzelnen Tropfen folgt ein fieser Landregen, der auf Rathlin Island niederprasselt; und eben auch auf uns. Wir wenden uns in Richtung der Fahrstraße. Zu gerne würden wir den direkten Weg nehmen. Etliche Matschlöcher wandeln diesen jedoch in eine Schlangenlinie um, die einem ausschweifenden Besuch im Guinness Storehouse alle Ehre Wert wäre. Am Kebble Lough vorbei führt dann aber doch ein Feldweg nach oben, sodass wir pünktlich zum Puffin-Shuttle zurück auf der Straße sind.
Einen Haltepunkt gibt es hier natürlich nicht. So hoffen wir auf das Erbarmen und Entgegenkommen des Fahrers. Weit gefehlt! Unser freundliches Winken quittiert er mit wütendem Gesichtsausdruck und fuchtelnden Armen. Hallo, steht der etwa im Regen oder wir? Egal, wir laufen zurück zur Vogelwarte und holen uns dort etwas zu Knabbern. Unser mageres Frühstück von heute morgen macht sich bemerkbar. Und dann ist der Schauer auch schon vorübergezogen und lacht sogar kurz die Sonne.
Der Inselbus fährt stündlich zur Vogelwarte und wieder zurück. So hält sich die Warterei in Grenzen. Die übergewichtige Fahrerin passt kaum hinters Lenkrad. Doch flinke Finger hat sie und schnappt sofort nach den Fahrkarten in Lars' Hand. Die Insel scheint steuerbegünstigt zu sein. Die Karten werden wiederholt genutzt.
Eine Quittung indes verweigert uns die Dame schnippisch. So kommt täglich ein schöner Batzen Geld zusammen, ohne dass der Fiskus mitbekommt, wie viele Fahrgäste den Inselbus genutzt haben. Dafür aber muss die dicke Lady auf der Insel wohnen, was ihr offensichtlich kein Vergnügen bereitet.
Egal, die Rückfahrt beinhaltet einen Umweg an den Robben vorbei, wo auch die Möglichkeit zum Aussteigen besteht. Sie gibt ihren Gästen zehn Minuten. Wer nicht rechtzeitig zurück ist, kann laufen. Wir entscheiden uns für Zweiteres und bleiben.
Vor Ort muss ich feststellen, dass die Papageitaucher noch so klein sein können, man findet sie auf Anhieb besser als die viel größeren Robben. Diese fläzen sich bei Ebbe einfach auf dem gubbelichen Seegras und sind durch ihren Tarnpelz kaum auszumachen.
Jetzt, wo wir schon südlich vom Dorf von Rathlin Island sind und das Wetter stabiler erscheint, wagen wir eine zweite, kurze Wanderung. Gestärkt sind wir inzwischen ja wieder von den Knabbereien bei der Vogelwarte. Schade nur, dass der Regen die Wanderpfade durchweicht hat, weswegen wir uns hauptsächlich auf dem Fahrweg halten. Auf der anderen Seite eröffnet uns die schmale Straße immer wieder den Blick zur Küste.
Es gibt auch auf dieser Seite der Insel Klippen, welche jedoch einiges niedriger sind als die bei der Vogelwarte. Zudem ist der Südzipfel einiges sumpfiger als der Rest der Insel. Wir schlendern bis zum Ushet Lough und beobachten, wie erneut schwarze Wolken auf die Insel zukommen. Bis zum südlichen Leuchtturm der Insel wären es noch gut anderthalb Kilometer. Das ist zu weit, es ist Zeit zum Umdrehen, sonst werden wir ein zweites Mal nass.
Landschaft im Osten und Süden von Rathlin Island
Unsere Kurzzeitprognose bestätigt sich. Im Dorf von Rathlin Island retten wir uns gerade noch vor dem nächsten Regen in die McCuaig's Bar. Es riecht extrem nach frittiertem Fisch und die Luft ist zum schneiden. Zumindest aber ist es trocken und gibt es richtig günstigen Kaffee.
Doch was ist nur los auf der Insel? Auch hier wirkt das Personal schroff und schlecht gelaunt. Sind die verwandt mit den Busfahrern? Einzig bei der Vogelwarte sind die Menschen freundlich. Es liegt also kaum an einer Strahlung aus dem Urgestein der Insel.
Irischer Regen kommt und geht. Nach dem Kaffee nutzen wir die nächste Trockenphase, um den Ort anzuschauen, bevor uns die Fähre wieder abholt. Da Rathlin Dorf nur wenige Häuser umfasst, stehen wir bald vor der Saint Thomas Church of Ireland. Im Innern finden wir eine kleine Ausstellung über die Geschichte der Rathlin Island.
Wie bei den Basaltsäulen des Giant's Causeway treffen wir hier wieder auf den Riesen Finn. Dieses mal aber ist es seine Mutter. Sie soll einst stockbesoffen mit einem Sack voller Landschaft auf dem Weg von Irland nach Schottland gewesen sein. Hier jedoch verunglückte sie und so entstand die Insel Rathlin.
Lange Zeit war man sich uneins, ob Rathlin Island wirklich zu Irland und nicht gar zu Schottland gehöre. Doch das Problem regelte ein kirchliches Gericht im 17. Jahrhundert. Deren Beweisführung erscheint plausibel: auf Rathlin Island gibt es keine Schlangen. St. Patrick hatte Irland von Schlangen befreit, nicht jedoch Schottland.
Kirche und Friedhof der Insel
Deshalb konnte die Insel nur zu Irland gehören. Das ist ganz schön viel Mystik für solch kleine Insel. Für uns aber wird es Zeit, zur Fähre zu gehen. Trotz vereinzelter Regengüsse hatten wir einen schönen Tag vor der Küste Nordirlands. Wer weiß, wann wir mal wieder nach Nordirland kommen? Vielleicht werden wir Rathlin noch ein zweites Mal besuchen.
Ausflug ab Ballycastle nach Rathlin Island. Kolonie von Puffins bzw. Papageientaucher unterhalb der Vogelwarte im Westen der Insel. Abstecher zu den Seehunden nahe der Church Bay.
Von der Coastal Route bei Ballycastle auf die North Street zum Hafen abfahren. Weiter mit der Fähre Ballycastle to Rathlin bis zum Fähranleger auf Rahtlin Island.
Ausgangspunkt | Vogelwarte beim westlichen Leuchtturm Robbenkolonie (Rathlin Ost) |
Koordinaten | N 55.3004, W 6.2794 (Kebble Cliff Walk) N 55.2867, W 6.1897427 (Rathlin Ost) |
Gehzeit | je 1.30 - 2 Stunden |
Distanz | ca. 4,3 km (Kebble) und 5,2 km bei Start bei der Robbenkolonie |
Anstiege | 200 bzw. 70 Höhenmeter |
Anforderungen | T2 bzw. T1 |
Einkehr | Vogelwarte, beim Dorf von Rathlin Island |
GPS-Daten | Wanderung Kebble Cliff Walk gpx |
kml-Daten | Wanderung Kebble Cliff Walk kml |