Im Anschluss an den Besuch der Burg von Bunratty fahren wir über die M 18 bis Crusheen und weiter über schmale, teils mit Gras bewachsenen und unbenannten Schleichwegen durch dünn besiedeltes Gebiet bis nach Carran bzw. Carron (gps: N 52.9855, W 8.8942). Ohne Navi wären wir aufgeschmissen gewesen.
Erst später bekommen wir mit, dass es eine bessere Strecke in die Karstlandschaft Burren gibt: Bei Ennis auf die N 85 bis Fountain Cross, weiter auf der R 476 über Killinaboy bis Leamaneh und ab dort der Beschilderung über die R 480 und L 1014 nach Carron folgen. Für unser Navi wäre das jedoch viel zu langweilig.
Nach etwas Überlegen gehen wir davon aus, dass die von der L 1014 abzweigende Straße extra breit angelegt wurde, um Parkmöglichkeiten zu schaffen. Von ist es dann auch nur ein Katzensprung bis zu den nächsten Wegweisern an der Hauptzufahrtsstraße von Carron. Auffallend gekennzeichnet ist »The Burren Way« (der Burren-Weg), der links zum Cassidy's Pub führt.
Für unsere Wanderung, den Carran Loop, müssen wir jedoch rechts abbiegen. Erst bei unserer Rückkehr entdecken wir die runden Plaketten, die für Wanderer an einem eigens dafür aufgestellten Stein befestigt wurden. Aber nach unserem Auto-Navi wollen wir auch unserem Outdoor-Navi eine Chance geben, sich zu beweisen, und folgen einfach der Straße nach Norden.
Nach knapp 500 Metern auf Asphalt sehen wir dann doch die kleinen Markierungen der Wanderungen. Unser Weg, der Carran Loop, ist mit lila Pfeilen ausgewiesen, die uns zunächst rechts ab von der Straße bzw. über einen landwirtschaftlichen Weg bis zu einem Gatter führen. Hier müssen wir rübersteigen und - die Wegmarke befindet sich nur knapp über dem Boden - halblinks abbiegen. In einem Bogen und dann nördlicher Richtung geht es zu einer Mauer, die wir mit Hilfe eines Durchbruchs überwinden. Mit der Mauer nun zu unserer rechten Seite können wir zunächst noch einem landwirtschaftlichen Weg über den Burren folgen. Schließlich aber steht die nächste Mauerüberquerung an und wird das Gelände steiler und wilder. Immer wieder lauern Risse und Spalten in der Karstlandschaft.
Lassen wir den Blick über den Burren gleiten, sehen wir überall nur bleiches, hellgraues Karstland. Und doch war der »Große Stein« bis in die Steinzeit stark bewaldet. Dann aber rodete der Mensch die Wälder, um Holz für den Schiffbau und Ackerflächen zu gewinnen. Aus heutiger Sicht war dies ein Pyrrhussieg. Ohne den Schutz des Walds kam es zu verheerenden Erosionsschäden.
Die Bodenkrume ging den Bach runter oder wurde weggeweht, der graue Fels trat offen zutage und zwischen den einzelnen Felsrippen bildeten sich teils tiefe Rillen. Besonders tückisch sind diese, sobald sie vom Gras überwuchert werden. Aber wem erzähl ich das? Rumms, und ich stehe mit einem Bein knietief im Boden. Und das, obwohl ich Annette auf demselben Pfad gefolgt war. Also fast ...
Auch wenn der unfreiwillige Absacker ohne Folgen bleibt, sind wir gewarnt. Selbst kleine Abweichungen vom Pfad können auf dem Burren schnell zu Verletzungen führen. Dass wir nahe dem höchsten Punkt der Carran Loop bzw. nach Überqueren der nächsten Mauer nur eine Pause einlegen wollten, ist unerheblich. Es sind diese kurzen Momente, welche die Aufmerksamkeit für einen Moment verringern.
Vom Schrecken bald erholt, haben wir nun doppelt Grund, die Pause im Windschatten der Mauer hinter uns zu genießen. Das übrigens in einer Gegend, in der die Leute schon als reich galten, wenn sie nur nicht verhungerten. So soll ein Heerführer Cromwells den Burren wie folgt beschrieben haben: »Kein Wasser zum Ertränken, kein Baum zum Erhängen, keine Erde zum Begraben.«
Andererseits ist es genau diese Einöde, der wir diese aufregende Landschaft verdanken. Für den Burren haben sich nie Grundstücksspekulanten interessiert, noch gibt es hier prächtige Landsitze. Zur Zeit Cromwells taugte der Burren nur dazu, aus anderen Gegenden vertriebene und verarmte katholische Adelsfamilien anzusiedeln.
Auch weil der Burren für die Landwirtschaft uninteressant ist, konnte sich hier eine einzigartige Vegetation bilden. Wo immer sich die mineralreiche Erde in den Felsspalten halten konnte, wachsen alpine, arktische und selbst mediterrane Pflanzen. Zwischen den Felsen, die wie ein Wärmespeicher funktionieren, finden sie Schutz vor Frost.
Nachdem der sonst in den Alpen beheimatete Frühlingsenzian hier selbst in Gegenden nahe dem Meer blaue Farbtupfer in die Landschaft zaubert, können wir uns im Sommer an rund 20 Orchideen-Arten erfreuen. Mit dem Achtblättrigen Silberwurz und der dem Frauenhaarfarn stehen hier Florenelemente aus der Arktis und dem Mittelmeerraum direkt nebeneinander.
Im Sommer sind es dann der Blutrote Storchschnabel, Hornklee und Disteln sowie die Heckenrosen, die den Burren zu einem Erlebnis machen. Wähnten wir uns erst in einer trostlosen Einöde, kann auf der zweiten Hälfte des Carran Loops keine Rede davon sein. Vielmehr ist der Burren eine Schatztruhe, die Botaniker und Naturliebhaber gleichermaßen fasziniert.
Angesichts der vielen Pflanzen sollte man eines jedoch im Auge behalten: die Wegmarkierungen. Viele von ihnen sind an eigens dafür aufgestellt Steinplatten angebracht und damit gut zu sehen. Es gibt aber auch welche auf Steinbrocken, die von Heckenrosen, Haselsträuchern oder hoch wachsenden Farn verdeckt werden. Dadurch kommen wir ein paar vom Weg ab und brauchen mehr Zeit, als der Carran Loop normalerweise erfordert.
Als Orientierung hilft hier die Straße von Carran zur Burren Parfümerie. Nachdem diese zunächst in etwa parallel zum Wanderweg verläuft, erfolgt ein Abschnitt sogar auf der Straße. Nach 700 Meter verlassen wir diese jedoch wieder und wählen die Route durch zwei Weiden bis zu einem letzten, engen Mauerdurchbruch. Von dort sind es dann nur noch wenige Schritte zurück zum Ausgangspunkt dieser überraschend schönen Wanderung.
Von der N67 südlich von Ballyvaughan auf die R480 abbiegen und der Beschilderung ins Burrengebiet bzw. nach Carran (Carron) folgen. Oder von der M18 über die R460 in das Burrengebiet fahren und sich über die schmalen Nebenstraßen bis nach Carran durchwursteln. Ganz ehrlich: wir wissen nicht, wie wir hingekommen sind, da wir die Koordinaten ins Navi eingegeben haben, das uns irgendwie quer durch das Burrengebiet nach Carran gelotst hat.
Ausgangspunkt | Carran (Parken am breiten Straßenrand) |
Koordinaten | N 53.03820, W 9.07530 |
Gehzeit | 3 Stunden |
Distanz | ca. 9,5 km |
Anstiege | knapp 300 HM |
Grad | T3 (Löcher im Grund, Orientierung) |
Einkehr | auf der Strecke keine, Cassidys Pub nahe dem Start |
GPS-Daten | Wanderung Carron Loop gpx |
kml-Daten | Wanderung Carron Loop kml |
Bevor wir Carran und den Burron wieder verlassen, gönnen wir uns eine Pause im Cassidy's Pub. Der historische Pub geht auf die Familie Cassidy zurück, die hier 1830 ein Restaurant und Lebensmittelmarkt gegründet hatte. Zehn Jahre später wurde hier die Carron R.I.C. Station für eine Einheit der königlichen irischen Gendarmerie gebaut, die auf dem Burron patrouillierte.
Die Station wurde bis zum 3. April 1920 genutzt, dann aber im Englisch-Irischen Krieg von Freiwilligen auf irischer Seite des Konflikts angegriffen und niedergebrannt. 1926 wurde die Ruine wieder aufgebaut und bis ins Jahr 1955 als Polizeibaracke genutzt. Danach sah man keine Veranlassung mehr, in der nur dünn besiedelten Gegend polizeilich so stark präsent sein zu müssen.
Ein Jahr nach der Schließung übernahm die Familie Cassidy das Stationsgebäude. Sie verwandelte das Büro der Station in eine öffentliche Bar. Dabei sind die Balken und die Möbel im Pub noch aus dem Holz der alten Station gefertigt und blieb die Zellentür neben dem Kamin als Original erhalten.
Eine Besonderheit bietet die Sicht aus der Gaststube auf den Burren. Von dem gemütlich eingerichteten Raum reicht der Blick über den angeblich größten Karstsee (Turlough) in Europa. Im Winter bedeckt dieser eine rund 80 Hektar große Fläche. Der See erreicht dann eine Tiefe bis zu fünf Meter.
Durch die Risse und Spalten im Untergrund versickert dieses im Frühjahr aber rasch in den Untergrund bzw. in eine Höhle, die den See unter den Kilnaboy Mountain hindurch mit dem River Fergus verbindet. Abhängig vom Wetter kann sich der See binnen drei Tage füllen oder leeren. Was bleibt, ist eine zunächst braune Fläche, auf der im Sommer Gras wächst.
Da wir den Burren im Sommer erkundet haben, blicken wir damit auf ein halbgares Weideland, was sich optisch aber immer noch von den benachbarten Weiden und den grauen Kalkfelsen abhebt. Die einzigen Nutztiere, die auf diesem schwierigen Untergrund gut zurecht kommen, sind Ziegen, was auch der Blick auf die Speisekarte im Cassidy's Pub bestätigt.
Von zwei leckeren Ziegen-Burgern bestens gestärkt, geht es wieder südwärts. Wir verlassen Carron auf der L 1014, biegen nach 750 Metern (ab dem Pub) links ab und folgen der Nebenstraße Richtung Killinaboy. Gut fünf Kilometer weiter erreichen wir so das Parknabinnia Wedge Tomb (irisch: Páirc na Binne, gps: N 52.9881, W 9.0952), eines von sechs Keilgräbern auf der Gemarkung von Parknabinnia.
Parknabinnia Dolmen bei Carran auf dem Burren
Auffallendster Unterschied zum Poulnabrone Dolmen ist, dass der drei Meter lange Deckstein mit einer Rasenschicht bedeckt ist und die seitlichen, einen Meter hohen Tragsteine länger sind als der Deckstein. Auch ist ein Ende geschlossen, sodass eine von vorne zugängliche Kammer entsteht. Ebenfalls Teil des Grabs waren die Steine, die verstreut im Gras davor liegen. Sie bildeten einst den Umbau des Wedge Tombs.