Wie ein hohler Zahn thront Shanmuckinish Castle am Ufer der Pouldoody Bay. Vom Wild Atlantic Way aus betrachtet, wirkt das fünfstöckige Turmhaus nahezu unversehrt. Sowie man sich dem Meer nähert, verflüchtigt sich dieser Eindruck. Denn tatsächlich fehlt der komplette, der Bucht zugewandte Teil des Turms. Da sich die Ruine direkt an der Küstenstraße N67 nach Ballyvaughan befindet und der Zutritt frei ist, lohnt sich ein kurzer Zwischenstopp.
GPS-Koordinaten: N 53.1389, W 9.1026
Bei vielen irischen Burgen, Schlössern und Turmhäusern lohnt es sich, die Bedeutung der Namen herauszufinden. So werden in Shanmuckinish oder auch Seanmuckinish drei Wörter: Sean bedeutet alt und gibt Hinweis darauf, dass nur wenig später eine zweite Burg mit dem Namen Muckinish entstand. Inish oder auch Inis kennen wir als Insel und Muck steht für Schwein. Zwischen der Straße und dem Meer stehen also die Reste vom Alten Schloss Schweineinsel. Das Turmhaus steht heute an der schmalsten Stelle der Halbinsel im Townland von Muckinish West.
Die Geschichte des um 1450 erbauten Turmhauses ist verworren. Schuld daran ist die Nähe von Neu-Muckinish und der Umstand, dass aus der Chronologie nicht immer hervorgeht, ob vom alten oder neuen Castle die Rede ist. Allerdings war für Shanmuckinish auch der Name Ballynacragga Castle im Umlauf. Demnach könnte hier die Familie MacNamara hier gelebt haben.
Die Ballynacraggas hatten den Namen ihrer Stammburg bei Dromoland Castle beibehalten, nachdem man sie dort 1654 vertrieben hatte. Angesichts der weitgehenden Zerstörung wundern wir uns, dass Shanmuckinish Castles noch bis ins 19. Jahrhundert bewohnt gewesen sein soll. So lesen wir, dass Shanmuckinish ab 1836 repariert wurde und ab 1897 bewohnbar war.
Der Zugang erfolgt heute über eine Zufahrt direkt vom 2500 km langen Wild Atlantic Way. Am Ende der Zufahrt wird deutlich, dass von dem frei stehenden Turmhaus nur wenige Überreste erhalten sind. Dennoch erreichen Teile des vierstöckigen Gebäude noch immer die ursprüngliche Höhe von circa 17 Metern. Auch der quadratische Grundriss ist noch zu erkennen. Durch den Einsturz der zur Meer hin gewandten Mauer sind die Innengeschosse frei einsehbar. Der Erhalt der Mauer zur Landseite wird auf die Arbeiten im 19. Jahrhundert zurückgeführt.
Eine Begehung ist jedoch nicht möglich, da die Treppen zum größten Teil mit in die Tiefe gestürzt sind. Zu erkennen sind die Überreste zwei gewölbter Decken, innerhalb der Mauern verlaufende Gänge und mehrere unerreichbare Stufen. Vor Ort bemerken wir Unterschiede in den Fenstern. So dienten die unteren Fenster der Verteidigung, während die oberen auch dekorativen Ansprüchen genügen mussten. Im ersten Stock befand sich der Empfangssaal, der mit seinem großen Kamin und prächtigen Ausstattung das Ansehen seiner Bewohner stärken sollte.
Unterhalb des von einer Bruchsteinmauer umgebenen Areals liegen noch mehrere Teile der Festung am Ufer der Pouldoody Bay verstreut. Die Bucht selbst ist für ihre Austernfischer bekannt. So sollen die in der Bucht gezüchteten Austern die besten von ganz Irland sein. Zumindest sind sie die berühmtesten. Zu verdanken haben wir dies James Joyce, der die »Puldudy-Austern« in Finnegans Wake erwähnte.
Der zwischen 1923 und 1939 entstandene Roman gilt als das am schwersten verständliche Werk des irischen Schriftstellers. Zugleich war es der Schlusspunkt seines literarischen Schaffens. Heute sind die Pouldoody-Austern auf den Märkten entlang der Bucht zu haben. Angesichts des bei unserem Besuch tristen Wetters lassen wir unseren Blick nur kurz über das dunkle Wasser der Bucht schweifen, bevor wir zurück nach Galway fahren.