Den County Donegal sollten sich Naturliebhaber ganz weit oben notieren. Atlantische Steilklippen, dunkle Gebirgsseen und ausgedehnte Moorflächen bilden im Westen Irlands eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Und das Schönste: weil wir uns hier immer noch recht weit im Norden befinden, blieb Donegal bislang von den stärksten Besucherströmen verschont.
Ein Grund, warum es in Dun na nGall, der »Festung der Fremden«, ruhiger als den touristisch bedeutsamen Countys Galway oder Kerry zugeht, ist die Nähe zu Nordirland. Lediglich ein schmaler Korridor verbindet Donegal mit dem Rest der irischen Republik. Dabei sind die Menschen in Donegal auch persönlich eng mit denen im Nordirischen Derry verbunden.
Durch die Konflikte im benachbarten Derry war die touristische Entwicklung auch im County Donegal jahrzehntelang gehemmt. Dadurch sind hier Grundstücke und, auch als Folge dessen, die Reisekosten immer noch relativ gering. Wichtiger ist uns jedoch, dass die faktisch isolierte Lage geholfen hat, die traumhaft schöne Landschaft mit ihrem wildromantischen Charakter zu bewahren.
Besonders deutlich wird dies bei den Klippen von Slieve League, bei denen wichtige Wanderwege erst vor kurzem angelegt wurden und es im Vergleich zum Giant's Causeway nur wenig touristische Einrichtungen gibt. Sichtbar wird dies aber auch an anderen Orten wie dem Kilclooney-Dolmen oder dem Freilichtmuseum von Glencolmcille, die beide fern der touristischen Hauptrouten liegen.
Der Name der Stadt Donegal (irisch: Dún na nGall) geht auf die Wikinger zurück, welche in der Donegal Bay eine Festung besaßen. Begünstigt wurde die Lage durch die gegenüber den südlich und nördlich angrenzenden Gebieten Irlands weit ins Festland hineinreichende Bucht. Mehrere Halbinseln machten die Mündung des Eske Rivers zudem zu einem sicheren Hafen.
Nach der Winkingerzeit errichteten die O'Donnels am Eske River ihre Stammburg. Von Donegall aus kontrollierten sie den Süden des gleichnamigen Countys. Im 17. Jahrhundert waren es schließlich die Briten, welche The Diamond, den rautenförmigen Marktplatz der Stadt, anlegten und das Aussehen des verkehrsgünstig gelegenen Städtchens maßgeblich beeinflussten.
Zu den wenigen Sehenswürdigkeiten zählt der Obelisk auf dem Marktplatz. Dieser erinnert an die »Four Masters«, vier Franziskanermönche des verfallenen Klosters von Donegals. Nachdem sie 1588 vor den Engländern geflohen waren und Irland von der Anglisierung überollt wurde, sammelten die vier Brüder alles, was sie über die keltische Mythologie und Geschichte finden konnten. Ihr gemeinsames Werk, die »Annals of the Four Masters« gelten als das wichtigst Buch über die keltische Mythologie und Geschichte bis 1618.
Rund um den Marktplatz befinden sich heute einige Pubs, Geschäfte und Hotels bzw. B&B's. Damit steht The Diamond im Mittelpunkt des Stadtgeschehens. Besonders deutlich wird beim Donegal Town Summer Festival. An vier Tagen Ende Juni oder Anfang Juli steht das Zentrum von Donegal ganz im Zeichen von irischer Musik, Tanz und natürlicher Ausgelassenheit. Dazu bei trägt sicher auch, dass alte Spiele zum offiziellen Programm zählen wie Eierlaufen oder das Kids Box Race, die irische Art des Seifenkistenrennens.
Donegal Castle ist die wichtigste Sehenswürdigkeit von Donegal. Die Stammburg der O'Donnels befindet sich an einer Biegung vom River Eske, sodass sie von zwei Seiten durch den Fluss geschützt war. Auch wenn es keine Belege dafür gibt, gilt es wahrscheinlich, dass schon vorher die Wikinger diese strategisch günstige Lage für eine Festung genutzt hatten.
Tatsächlich war es den O'Donnels möglich, von dem »Fort des Fremden« (Irisch: Dún na nGall) das Königreich von Thir Chonaill zwischen 1200 und 1601 zu regieren. Die heutige Burganlage wurde jedoch erst 1474 durch den älteren Sir Hugh O’Donnell gebaut. Etwa zur gleichen Zeit bauten er und seine Frau ein Franziskanerkloster weiter unten am Fluss.
Angeblich sollen die Burg und das Kloster früher mit einem Tunnel verbunden gewesen sein. Doch auch hierfür fehlen die archäologischen Beweise. Sicher hingegen ist, dass die Festung als eine der schönsten gälischen Burgen bekannt wurde. So beschrieb der englische Vizekönig, Sir Henry Sidney, die Burg 1566 in einem Brief an William Cecil, dem ersten Baron von Burghley, als die »größte und stärkste Festung in ganz Irland«.
Das Schicksal der Burg wendete nach dem Ende des Neunjährigen Kriegs (1594-1603). Bei der »Flucht der Grafen« verließen die Anführer der O'Donnels Irland im Jahr 1607. Noch vor ihrer Flucht hatten sie den Bergfried stark beschädigt. Damit wollten sie verhindern, dass die Burg später gegen die gälischen Clans besetzt werden konnte. Doch der Erfolg ihrer Aktion war nur von kurzer Dauer.
So wurde die Festung mitsamt der umliegenden Ländereien nur vier Jahre später Basel Brooke, einem englischen Hauptmann, für seine Verdienste im Neunjährigen Krieg verliehen. Der neue Eigentümer ließ die Schäden am Bergfried in Windeseile beseitigen.
Brooke ließ außerdem Fenster einsetzen, einen Giebel errichten und den Bergfried um ein englisches Herrenhaus erweitern, das wie ein Gebäudeflügel an die Burg anschließt. Ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammen die Festungsmauer und die Ecktürme.
Rundgang durch das Donegal Castle
Nach dem Hauptmann blieb die Burg über einige Generationen im Besitz der Familie. Im 18. Jahrhundert verfiel sie jedoch zusehends und verließen die Brookes die Burg, bis sie dann 1898 vom damaligen Eigentümer, dem Eral von Arran, an das Amt für öffentliche Arbeiten gespendet wurde. Den weiteren Verfall indes konnte dies nicht wirklich aufhalten. Erst in den 1990er Jahren gelang es, Donegal Castle zu restaurieren und für Besucher zu öffnen.
Bei der Besichtigung ist allerdings Vorsicht geboten. So sind im »Stolper-Treppenhaus« die Stufen der Wendeltreppe extra uneben, um feindliche Schwertkämpfer zum Stolpern zu bringen. Ebenfalls aus strategischen Gründen windet sich die Wendeltreppe im Uhrzeigersinn nach oben. Dadurch konnten sich die O'Donnels, die alle Rechtshänder waren, optimal positionieren, um die nachrückenden Feinde mit dem Schwert niederzustrecken.
Die Verteidigung der Wendeltreppe war so bedeutend, da sich der Eingang zur Burg früher direkt am Fuße der Treppe befand. Ebenfalls im Erdgeschoss befinden sich die alten Vorratskammern. Während der vordere Bereich bei der Restaurierung wieder instand gesetzt werden musste, ist die Gewölbedecke im hinteren Teil der Kammern noch im Original erhalten. Darüber befindet sich der Festsaal. Bemerkenswert ist hier der gemeißelte Kamin. Er wurde Mitte des 17. Jahrhundert erstellt und gilt als einer der schönsten seiner Art in Irland.
Interessanter finden wir jedoch den kleinen Abtrittkerker, also die Burgtoilette. Angeblich soll der Abortschacht extra in einem Winkel errichtet worden sein, dass die Exkremente zwar in den Fluss fielen, die Burgbewohner aber nicht von feindlichen Bogenschützen überrascht werden konnten. Zugleich diente der Abtritterker als Kleiderablage. Über dem Klo war eine Bank mit Stangen befestigt worden, auf der die Kleider gelegt wurden. Damals glaubte man, dass die aufsteigenden Amoniakdämpfe des Urins die Kleider desinfizierten.
Die Steilküste von Slieve League besitzt eine der höchsten Klippen von Irland. Frei von höherer Vegetation fallen die Klippen des Bergs bis zu 601 Meter steil hinab zum Atlantik. Über den One Man's Track führt ein Wanderweg auf den Hochpunkt. Doch es braucht Geduld oder Glück, will man dort eine Aussicht genießen. Die Klippen stecken oft inmitten von Wolken.
Armut und Hungersnot verursachte in der Gemeinde Glencolmcille einen gewaltigen Bevölkerungsschwund. Doch der Priester Father James McDyer versuchte diesen zu stoppen und suchte nach Perspektiven. Mit dem Freilichtmuseum schaffte er Arbeitsplätze und einen wunderschönen Ort mit strohgedeckten Häusern und liebevoll gestalteten Plätzen.
Auf der Halbinsel Dawros Head des Countys Donegal bestimmen Weiden und Feuchtflächen das Landschaftsbild. Die Gegend wirkt moorig und einsam. Um den Dolmen zu finden braucht es ein wenig Orientierungsgeschick. Doch wir finden das neolithische Grabportal. Vor rund 3500 Jahre vor unserer Zeitrechnung auf einem kleinen Hügel errichtet, gilt er als eines der am besten erhaltenen Portalgräber Irlands.