Der Castlewellan Forest Park ist ein rund 460 Hektar großer und reich bewaldeter Naturpark mit großem See. Unter Botaniker wird er für sein artenreiches Arboretum geschätzt. 1741 erwarb die Familie Annesley das Anwesen. Sie begann mit dem Anlegen eines gewaltigen Landschaftsparks. Es wurden die ersten Bäume aus Asien, Nord- und Südamerika und Australasien angepflanzt.
In den 1850er Jahren kamen einige Mammutbäume hinzu. Baumläufer lieben diese und bauen ihre Nester in den Spalten der Rinde. Alleine Earl Hugh Annesley ließ mit Hilfe seines Chefgärtners die Gärten mit 1800 Arten an Bäumen und Sträuchern bepflanzen. Durch die windgeschützte Südlage im Park von Castlewellan gedeihen hier sogar mediterrane Erdbeerbäume. Wir selbst kennen diese von der Kanareninsel La Palma.
In den späten 1960er Jahren litten die Gärten unter Vernachlässigung und Pflegenotstand. Es herrschte ein Ressourcenmangel und das Geld war knapp. Seit 2012 ist man jedoch bemüht, Teile des Forest Parks wieder instand zu setzen. An was es hierbei kaum mangeln kann, ist Wasser. Bei unserer Rundfahrt will der Regen einfach nicht enden. Eigentlich stand ein zweiter Besuch des Parks von Tollymore auf unserem Programm. Doch für den Castlewellan Forest Park spricht, dass sich dieser näher am warmen Wohnzimmer des Oran Beag Houses befindet. Wir können uns deshalb von der Couch lösen und hoffen auf einen halbwegs trockenen Spaziergang um den See.
Wollen wir dem tristen Wetter etwas Positives abgewinnen, dann dies: wir können am Ufer des Sees parken. Östlich des Sees stehen die alten Gehöfte von Earl William Annesley, genannt The Grange. 1751 hatte er diese erbaut und darin auch seine Residenz inmitten der Gartenanlage. Um drei große Höfe entstanden Getreidespeicher, Ställe, Heuböden und Scheunen. Somit war alles zweckdienlich und lag nah beisammen. Etwas später ließ Annesley das Gebäudeensemble um einen Taubenschlag mit 400 Nistkästen erweitern. Insbesondere während der langen Winter waren die Jungvögel eine beliebte Nahrungsquelle. Heute ist im Grange ein Café untergebracht. Ob noch immer Täubchen auf der Speisekarte stehen, können wir nicht sagen. Wenn es Katzen und Hunde regnet, bleibt das Café nämlich geschlossen.
Rechts neben dem Café, vorbei am Parkplatz, treffen wir auf das Peace Maze, das Friedenslabyrinth. Zwischen 2000 und 2001 pflanzten hier freiwillige Helfer aus Nordirland mehr als 6000 Eiben. Als Ergebnis schufen sie das damals weltweit längste permanente Heckenlabyrinth. Bis zum Juli 2007 hielt Castlewellan den Rekord. Dann hatten die Hawaiianer ihren Pineapple Garden Maze auf über drei Hektar erweitert und sich damit den Weltrekord zurückgeholt. Wer genügend Geduld mitbringt und die Mitte des Labyrinths erreicht, kann dort die Friedensglocke läuten. Vom Kimnyoung Maze Park in Südkorea wissen wir, dass eine solche Suche im Irrgarten dauern kann. Für solch einen Spaß ist das Wetter heute leider zu mau.
Doch einen Spaziergang um den See gönnen wir uns. Vorbei an Steinkreisen führt uns dieser durch wunderschöne Baumalleen. Das Blätterdach der Bäume ist zum Glück so dicht, dass der Nieselregen kaum hindurch gelangt. In den Wäldern finden wir knorrige alte Bäume. Es ist das Jahrhunderte alte Erbe der Annesleys. Die jungen hellgrünen Frühlingsblätter lassen den Wald hell und freundlich wirken, während sich der See düster im nebligen Tal erstreckt.
Wieder fast beim Parkplatz angekommen, öffnet sich der Blick auf das ebenso düstere Castlewellan Castle. In den 1790er Jahren wurde in Castlewellan eine neue Residenz erbaut. Die einzeln stehende, etwas schäbige Villa war als Castlewellan-Cottage bekannt. William Richard, der vierte Earl Annesley, ließ diese abreißen, nachdem zwischen 1856 und 1859 ein zeitgenössisches viktorianisches Schloss erbaut wurde. Es entstand nach einem Entwurf des schottischen Architekten William Burn. Ähnlich dem Balmoral Castle entschied sich Burn für einen lokalen Granit als Hauptbaustoff und für einen strengen schottisch-barontalen Stil. Heute hat man vom Schloss aus sicherlich den besten Blick über den Castlewellan Forest Park sowie auch auf den See.
Bis zum Ende unseres Rundgangs bleibt es ungemütlich und regnerisch. So können wir zwar ein paar nette Eindrücke vom Castlewellan Forest Park gewinnen. Doch sollten wir nochmals in diese Ecke von Nordirland kommen, werden wir uns das Arboretum gerne genauer anschauen. Und außerdem werden wir dann wie Harry Potter beim Trimagischen Turnier durch das Labyrinth streifen. Anstelle eines Kelchs werden wir die Friedensglocke suchen und hoffen, dass sich dies beim Läuten nicht als Portschlüssel entpuppt.