So schön es ist, am Hafenkai von Carlingford zu sitzen, so abrupt wird unsere Mittagspause beendet. Ein typischer irischer Regen treibt uns zurück ins Auto. Es ist Zeit zum Weiterfahren. Für die Überfahrt nach Down bietet sich die Scenic Carlingford Ferry an. Sie verkehrt stündlich von Greenore nach Greencastle auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords.
Doch wir spielen mit dem Gedanken, in der Stadt Newry einen Stopp einzulegen. Wir fahren also entlang dem Carlingford Lough in Richtung Norden. Nach zehn Kilometern verlassen wir die Republik Irland und passieren die Grenze zum britischen Nordirland. Erkennbar ist der Grenzübertritt lediglich an der ungeraden Höchstgeschwindigkeit, welche das Navi plötzlich anzeigt. Die Briten rechnen bis dato in Meilen.
In Newry überqueren wir als Nächstes die historische Grenze vom County Armagh zum County Down. Anders als erhofft macht die Arbeiterstadt Newry einen eher nüchternen Eindruck auf uns. Vielleicht liegt es ja am Regen. Sicherlich mag es auch hier einige nette Winkel geben. Immerhin war dies ein Hotspot der »Troubles«. Doch wir fahren lieber weiter entlang der Küste bis nach Greencastle, am südlichen Ende des Fjords. Bei der Suche nach dem Ort und der Burg auf der Landkarte ist etwas Vorsicht geboten. Als »Greencastle« werden auf der irischen Insel Gebäude und Orte in ganz unterschiedlichen Landstrichen bezeichnet. Wir sind nun bei der Burg Greencastle im südöstlichsten Nordirland.
Wie das gegenüberliegende King John's Castle von Carlingford wurde auch diese Festung von Hugh de Lacy im 13. Jahrhundert erbaut. Zusammen hat das strategische Burgenpaar den schmalen Eingang zum Carlingford Lough sowie die Fährverbindung zwischen beiden Seiten für rund 400 Jahre bewacht und verteidigt. Ab 1400 wurde ein Konstabler von der Krone damit betraut, sowohl Greencastle als auch Carlingford Castle zu überwachen.
Die doppelte Ernennung war eine Sparmaßnahme des Königshauses. Der Konstabler erhielt dafür ein Jahresgehalt von 20 Pfund für das Greencastle und fünf Pfund für Carlingford Castle. Zuvor wurde der zweite Konstabler entlassen, weil er die Gebäude vernachlässigt und das Schloss kaum bemannt hatte. Auch versäumte er es, dringend notwendige Reparaturarbeiten am damals kaputten Dach der großen Halle durchzuführen zu lassen.
Während der Regentschaft von Königin Elisabeth I. wurde die Burg als Garnison unterhalten. Allerdings wurde sie teilweise geschliffen, nachdem die Cromwells die Festung gründlich beschossen hatten. Damit wollten die Cromwells verhindern, dass die Burg von Rebellen besetzt wird. Nach dem Bombardement wurden die beiden Burgen nicht mehr benötigt. Bis heute haben jedoch größere Reste von Greencastle die Zeit überdauert. Ein langer, befestigter Fußweg führt vom kleinen Parkplatz zur Burg.
Auf einer Schautafel sehen wir, dass die Festung einst vier unterschiedliche Ecktürme besaß. Von ihnen sind nur spärliche Reste zu finden. Doch die große Halle, welche inmitten der Anlage stand, ist gut erhalten. Leider sind die Innenräume allesamt vergittert. Ansonsten aber ist das Gelände gut zugänglich. Und durch die leichte Erhöhung der Anlage haben wir einen schönen Blick auf den Fjord. Wir sehen aber auch auf die dunklen Wolken, die langsam auf uns zukommen. Es wird Zeit, unseren Roadtrip fortzusetzen.