Unsere Fahrt nach Enniskillen führt vom County Derry immer in Richtung Süden. Entlang der Strecke wechseln sich Wiesen und Moore mit Dörfern und Weilern ab. Die Route führt durch die landwirtschaftlich geprägte Grafschaft Tyrone. Wie wir fahren die meisten Touristen einfach nur hindurch. Dafür schenken wir dem County Fermanagh dieses mal mehr Beachtung und besuchen das beschauliche Städtchen Enniskillen. Durch seine Lage am Südende des Lough Erne ist der Ort ein beliebter Treffpunkt für Bootsfahrer und Landreisende. Enniskillen lädt zum Bummeln durch eine bezaubernde Altstadt ein. Und wie es sich für den Verwaltungssitz einer Grafschaft gehört, finden wir außerdem hier eine stattliche Burg.
Das Enniskillen Castle steht auf der Altstadtinsel, umschlossen vom River Erne. Hier befand sich einst ein strategisch wichtiger Flussübergang zwischen Cannaught und Ulster. Laut unserem Reiseführer ist ein Hugh Maguire Bauherr der Burg. Demnach hatte dieser 1428 sein Familienstammsitz in Lisnakea verlassen. Nach der Info im Museum findet sich die früheste Erwähnung der Burg in den Annalen von Ulster hingegen erst 1439. Den Beinamen »der Gastliche« verdankte Hugh seinen ausschweifenden Gelagen.
Gerne hätte sein Nachfahre Thomas Og in seine Fußstapfen treten können. Zum Leidwesen seiner Zeitgenossen ließ jener jedoch seinen Gartenzaun mit den Köpfen getöteter Rivalen verzieren. Ob er ein ferner Verwandter des Fürsten Vlad Tepe von Schloss Bran in Siebenbürgen war?
Oder war diese Art Grausamkeit gerade Mode zu dieser Zeit? Wer mag dies beurteilen? Besser war es jedenfalls, dass King Thomas Og Maguire in seiner eigenen Burg weggesperrt wurde. Später spielte die Burg eine wichtige Rolle im Kampf der irischen Rebellen.
Im 18. Jahrhundert diente das Enniskillen Castle als Burgkaserne. Noch heute ist diese Epoche ein großes Thema im Burgmuseum. Das Wahrzeichen von Enniskillen ist jedoch das Watergate. Mit seinen Doppeltürmen bildet es ein markantes Bauwerk der Burg. Der Name ist irreführend, da es nie ein Tor zum Wasser hin gab. William Cole ließ es 1614 erbauen, um sein neues Herrenhaus zu präsentieren. Gleich daneben befindet sich das scheunenartige Militärmuseum.
Darin stehen Panzer von Daimler mit Rolls-Royce-Motoren. Ein Teil ist den armen Kriegspferden gewidmet. Selbst moderne Armeen waren noch Mitte des 20. Jahrhunderts von den Pferden abhängig. Die Britische Armee versorgte einst über sechs Millionen Tiere. Viele von ihnen starben an Hunger, Krankheit, Kälte und Erschöpfung. Im Durchschnitt verlor die Armee jährlich 15 Prozent ihrer Pferde.
Die dekorative Seite des Militärs finden wir im alten Herrenhaus im Museum der Royal Iniskillin Fusiliers. Hier werden jede Menge an Medaillen und Orden ausgestellt. Ein Mann repariert gerade einen Dudelsackspieler. Er gehört zu den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Museums. Stolz präsentiert er uns ein Glockenspiel, das er vor Kurzem restauriert hat. Früher gab es dieses Instrument in Großbritannien nicht, weshalb es auch dort mit dem deutschen Wort bekannt ist. Was auf den Inseln außerdem fehlt, scheinen weiße Pferde zu sein. Für das Dekor des Musikinstruments wollte er zwei weiße und zwei schwarze Pferdeschwänze. Er konnte jedoch nirgends weißes Pferdehaar auftreiben. Wir empfehlen ihm einen Ausflug nach Wien.
Interessant ist die Erklärung des Restaurators über die Herkunft vieler Ausstellungstücke des Militärmuseums. So steht im Burghof ein deutscher Mörser aus dem Ersten Weltkrieg. Er steht dort zu Ehren von Leutnant J. A. O. Brooke, der bei einem Gefecht ums Leben kam. 1976 übergab Viscount Brookeborough das Kriegsgerät dem Museum als unbefristete Leihgabe. Hinter der scheinbar mildtätigen Geste verbirgt sich eine typische Entrümpelungsaktion adliger Landgüter.
Tatsächlich stand das olle Ding jahrelang beim Herrenhaus des Colebrooke Estate von Fermanagh. Der Mörser gammelte langsam vor sich hin, bis der Lord den Anblick satt hatte und ihn im Museum entsorgte. Nach dem Krieg hatten viele ehemalige Soldaten Kanonen und Geschosse als Andenken bekommen. Schon bald entpuppten sich diese Souvenirs als unnützes Zeug, was man nicht einfach wegschmeißen, aber doch irgendwie loswerden wollte.
Friedlicher geht es in den Heritage Galerien zu. Es ist eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit. Hier erfahren wir viel über die frühesten Siedler von Fermanagh, dem Leben auf einem Crannog oder dem mittelalterlichen Pilgerweg. Daneben besitzt Enniskillen eine schöne, wenn auch kleine Altstadt, die wir noch besuchen wollen.
Um größer zu wirken, wechselt die Hauptstraße auf knapp 900 Metern Länge sechsmal ihren Namen. Georgianische Häuser säumen die Straße. Die viktorianischen Pubs und Geschäfte sind eine wahre Zierde. Leider halten die Iren wenig von Fußgängerzonen. Das viele Blech verhunzt das sonst schöne Stadtbild.
Am östlichen Ende der Altstadtinsel überqueren wir den River Erne. Ein schmiedeeisernes Tor weist den Weg hinauf zum Forthill Park. Uralter Baumbestand und üppig blühende Rhododendren laden zum Verweilen ein. Der Balkon des Cole's Monument bietet sicher eine herrliche Sicht über die Bäume auf die Stadt.
Leider wird die dorische Säule mit Wendeltreppe im Innern während unseres Aufenthalts saniert. Auch der viktorianische Pavillon mit Uhrturm neben dem Denkmal könnte einen neuen Anstrich vertragen. Insgesamt aber ist es angenehm ruhig und idyllisch auf dem Berg des Forthill Parks.
Wir schlendern noch einmal die Hauptstraße entlang. Mittendrin finden wir einen der ältesten Pubs von Irland. Es ist das Blakes of the Hollow. Die Außenfassade, wie auch die urige Bar, sind noch typisch viktorianisch. Doch eine Türe wurde vor einiger Zeit ersetzt. Genau genommen wurde sie gegen die vierte Tür aus dem Sturmholz der Dark Hedges eingetauscht. Eindrucksvoll symbolisiert der untere Teil die Rückkehr von Haus Targaryen an die Macht.
Trotz der Dominanz der Drachen sind Daenerys und ihre Gefolgschaft verletzlich. Über den Mauern von Meereen taucht bereits eine der goldenen Masken der Söhne der Harpyie auf. Es sind Guerilla-Kämpfer aus ehemaligen Meistern und Sklavenhändlern, die gegen Daenerys kämpfen. Im oberen Teil der Tür findet man den weißen Falken des Hauses Arryn, welcher ein wachsames Auge auf alles hält.
Auch wenn der Schaum im Blakes of the Hollow Pub mit einem Kleeblatt verziert wird, verzichten wir auf ein Guinness. The White House, unsere nächste Unterkunft, liegt außerhalb der Stadt Enniskillen. Wir müssen also noch Auto fahren. Überrascht sind wir jedoch von dem B&B. Bei unserer Ankunft weist keinerlei Schild auf eine Übernachtungsmöglichkeit hin. So stehen wir fragend vor dem Haus. Liz hat uns bereits bemerkt und kommt freundlich grüßend heraus.
The White House ist mal wieder ein B&B zum Wohlfühlen. Es gibt viel Platz und gemütliche Betten. Im Kaminzimmer serviert Thomas am Morgen ein irisches und entsprechend üppiges Frühstück. Hier im Weißen Haus kann man es gut aushalten. Und auch unser Guinness bekommen wir abends im nahe gelegenen Pub der »Silbernen Schwalbe«. Alles zusammen ergibt einen richtig schönen Abschluss unserer zweiten Game of Thrones-Tour in Nordirland.