»Oh, wie habe ich Limerick während meiner Schulzeit gehasst.« Es soll bitte keiner glauben, dass mir die Stadt zuwider sei - von deren Existenz habe ich erst später erfahren. Es liegt am Englischunterricht, der uns in den unteren Stufen des Gymmis mit dem nach Limerick benannten Fünfzeiler gequält hat. Gelacht haben in meiner Klasse nur wenige über die scherzhaften Gedichte. Als wir dann selber ein Gedicht im Reimschema aabba erstellen sollten, war die Verweiflung im Klassenzimmer greifbar.
Dabei ist ungewiss, ob der County oder die Stadt Limerick (irisch: Luimneach, für deutsche Zungen völlig unaussprechbar) überhaupt der Geburtsort des meist unsinnigen Fünfzeilers ist. So könnte der Name auch vom irischen Soldatenlied »Will You come up to Limerick« aus dem 18. Jahrhundert abgeleitet worden sein. Auch wird »Mother Goose's Melody«, eine Sammlung von Kinderreimen aus dem Jahr 1765, wegen der ähnlichen Rhythmik als möglicher Ursprung des Limericks gesehen.
Trotz seines hohen Bekanntheitsgrades und der Lage am Schnittpunkt wichtiger Fernstraßen im westlichen Irland liegt Limerick etwas abseits der touristischen Hochburgen. Wer am Unterlauf des Shannon die Kilrush Ferry zwischen Killimer in Clare und Tarbert in Kerry nutzt, lässt den County Limerick sogar komplett links liegen. Was jedoch schade wäre.
Denn neben der Burg als bedeutendste Sehenswürdigkeit gibt es in der Hauptstadt eine Reihe weiterer Points of Interest, die sich praktischerweise alle am Ufer des Shannon befinden. Doch auch wir müssen zugeben, dass wir es bei einem Stadtrundgang durch Limerick belassen haben und schon am nächsten Morgen weiter gezogen sind.
Wann genau eine erste Siedlung an der Stelle heutigen Stadt Limerick entstand, liegt im Dunkeln. Als sicher gilt, dass es ab dem Jahr 812 eine Wikingersiedlung am Shannon River gab. Es wird jedoch vermutet, dass schon vor der Ankunft der Wikinger Menschen diese Gegend dauerhaft besiedelt hatten, auch wenn deren Spuren mit der Zeit verwischt wurden.
Betrachtet man die Geschichte von Limerick, so liegt der Schluss nahe, dass die Stadt typisch für Irland ist. Was in diesem Fall leider bedeutet: sie stand irgendwie immer auf der Verliererseite. So wurden die Wikinger vom Irena Brian Ború und seinen Männern 1014 aus der Stadt vertrieben. Als Nächstes kamen die Normannen.
Sie errichteten im 12. Jahrhundert das King John's Castle. Die heute bedeutendste Sehenswürdigkeit von Limerick sollte einerseits Eindringliche abschrecken, diente aber auch dazu, die Bürger in der Stadt im Zaum zu halten. Als die Iren als Unterstützer des 1688 abgesetzten katholischen Königs Jakob II. die entscheidende Schlacht am River Boyne verloren hatten, zogen sie sich nach Limerick zurück.
Der verbitterte Widerstand der Verlierer endete 1691 mit dem Vertrag von Limerick. Dieser sah vor, dass den 12.000 Verteidigern der Stadt und ihren Familien freier Abzug nach Frankreich - das auf Seite der Iren gekämpft hatte - gewährt wurde. Den Katholiken sicherte der Vertrag Religionsfreiheit und das Recht auf Landbesitz. Wobei sich die Engländer die Sache mit dem Landbesitz schon bald anders überlegt hatten.
Ein weiteres nomannisches Baudenkmal aus dem 12. Jahrhundert ist die St. Mary’s Cathedral (auch als Kathedrale von Limerick bekannt). Sie wurde 1168 neben dem Palast von Domnall Mór Ua Briain auf King's Island gegründet und steht damit am Thingmote, dem alten Versammlungsplatz der Wikinger.
Teile des Palastes wurden in der Kathedrale integriert. So das große Westportal, der ehemaligen Hauteingang in den Palast. Während der Belagerungen der Stadt sollen die Verteidiger die Steine am Westportal genutzt haben, um Schwerter und Pfeile zu schärfen. Die Spuren sind immer noch zu sehen.
Zwischen der Kathedrale und dem Merchant's Quay am Shannon sowie der Bridge Street erstreckt sich der Friedhof der Kirche. Der älteste Teil des »Graveyards« stammt noch aus dem 12. Jahrhundert, die ältesten erhaltenden Gräber wurden jedoch erst 1726 angelegt. Da er immer noch in Gebrauch ist, stehen wir hier auf einem über bereits neun Jahrhunderte immer wieder geheiligten Boden.
Wer sich mit dem Friedhof genauer befassen will, findet auf einer Tafel zehn nennenswerte Begräbnisse, um mit dem »Gewölbe der 16 Familien« von 1753 nur mal eines zu nennen. Wie der Name verrät, ruhen hier die Angehörigen von 16 angesehenen Familien. Bemerkenswert finden wir außerdem, dass auf den Gräbern einige Steinplatten durchbrochen sind. Bemerkenswert? Eher unheimlich.
Nach dem Besuch der St. Mary's Cathedral unternehmen wir einen Abstecher zum Treaty Stone. Dafür spazieren wir am King John's Castle vorbei und überqueren auf der Thomond Bridge den Shannon. Im Mittelpunkt des politischen Geschicks stand der auffallende Stein 1691, als der Krieg zwischen Willhelm III. von Hannover und seinem Schwiegervater König James II. mit dem Vertrag von Limerick endete.
Der Treaty Stone zeigt, wie bedeutend die Rolle Limericks bei der erfolgreichen Thronbesteigung Wilhelm von Oranien und seiner Frau Maria Stuart, der Tochter von James II., war. Entsprechend dem damaligen Brauch wurde der Vertrag in Sichtweite der beiden Armeen am Clare-Ende der Thomond Bridge am 3. Oktober 1691 unterzeichnet. Heute befindet sich der Stein wenige Schritte südlich der Brücke.
Zurück auf der Insel zwischen dem Shannon und dem River Abbey, passieren wir auf der Nicholas Street abermals die in der Abenddämmerung bedrohlich wirkende Burg und die Marien-Kathedrale. Gleich danach biegen wir links in die Bridge Street, sodass wir die Insel über die 1850 fertig gestellte Matthew Bridge auch schon wieder verlassen.
Damit kommen wir als Nächstes beim Rutland House vorbei, einem roten Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert. Da das zweistöckige Haus isoliert von anderen Gebäuden dieser Art steht, soll der Bau im Zusammenhang mit der damals noch New Bridge genannten Brücke stehen und als Zollhaus oder Ähnlichem gedient haben.
Sowie wir das Jagdmuseum und The Paper Mill, eine ehemalige Druckerei, passiert haben, biegen wir links in die Cruises Street. Sie ist die Fußgängerzone im Herzen Limericks und abends unglaublich leer. Weil die vielen, meist kleinen Geschäfte geschlossen haben, begegnen wir nur einer Handvoll Spaziergänger. Was schade ist. Denn die vielen Blumenkästen, die als Kranz an den Laternen angebracht sind, verleihen der Cruises Street eigentlich eine freundliche Ausstrahlung.
Ein Grund dafür könnte sein, dass die Fußgängerzone weitgehend frei von Gastronomie ist. Einzig eine US-amerikanische Fastfoodkette betreibt hier eine Filiale. Auch in den direkt angrenzenden Straßen sind bis auf ein paar Bars keine vernünftigen Restaurants zu sehen. Erst jenseits der R527 werden wir in der Thomas Street mit dem Cornstore fündig. Die rauhe Schale des alten Gebäudes täuscht: Das auf Steak- und Fischgerichte spezialisierte Cornstore gilt als eines der besten Restaurants der Stadt.
Das Ashgrove House ist unsere Unterkunft bei Limerick und auch mal wieder gut zu finden in einer kleinen Sackgasse nahe der Hauptstraße. Es liegt zwar nahe bei der Altstadt von Limerick, man braucht aber trotzdem ein Auto, um in die Stadt zu kommen. Dafür liegt das Ashgrove House so gut, dass man sich später die Maut durch den Tunnel sparen kann, wenn es dann weiter geht Richtung County Kerry.
Die Begrüßung ist etwas dürftig. Die Tochter von Mrs Helen Quinn hatte wohl gerade keine Zeit. So zeigt sie uns geschwind, wo wir nächtigen können und ist auch gleich wieder verschwunden. Egal, wir sind ja selbständig und finden uns gleich zurecht. Aufenthaltsraum und Internetzugang sind leicht zu finden und sonst haben wir ja alles.
Unser Zimmer ist relativ klein und sehr schlicht eingerichtet. Es gibt kaum Ablage- bzw. Kofferstellfläche. Dafür haben wir ein winziges Bad, was nicht jedes Zimmer hat. Aber es ist ruhig und das Bett gemütlich. Das Frühstück ist super. Mrs Quinn macht uns leckere Pfannkuchen, wie bei Muttern. Das ist mal eine Abwechslung zu den vielen Irish Breakfast der letzten Tage. Sonst gibt es wie üblich noch Müsli und Obst und das aus richtig schöner Töpferware. Irgendwie verpassen wir es bei unserem Besuch, mehr Bilder aufzunehmen. Aber auch das Ashgrove House ist eine sehr nette Unterkunft und Helen gibt gerne Tipps für Ausflüge in der Umgebung und zu jeder Wetterlage.