Die Küste Westirlands ist das Ziel gleich mehrerer unserer Fotoreisen durch Irland. Allein der Kontrast vom saftig-grünen Gras oberhalb der Klippen und dem tosenden Meer darunter zieht uns immer wieder in seinen Bann. Zu den absoluten Highlights zählen die weltberühmten Cliffs of Moher im County Clare. Mit praktisch jeder Biegung eröffnen sich einem neue Eindrücke und spektakuläre Motive von der meistbesuchten Naturschönheit im County Clare. Fotografen kommen hier nur langsam voran.
Sich vor Ort die nötige Zeit zu nehmen, aber lohnt sich. So konnten wir bei unserer Fotoreise gleich einige besondere Situationen einfangen. Daneben bieten die Irland und seine Küsten etliche weitere Ausflugsziele, für die sich eine Fotoreise über die Grüne Insel lohnt. Wir zeigen Euch, wie wir unsere Fotomotive in Szene gesetzt haben.
Das A und O bei der Gestaltung ist die Einteilung des Bilds nach dem Goldenen Schnitt. Den Begriff liest man so oft, dass sich viele sparen, ihn näher zu erklären. Im Grunde genommen geht es dabei um eine Einteilung der Proportionen. Der Goldene Schnitt beschreibt dabei das Verhältnis zwischen Leerraum und den Bildbereichen, welche einen Betrachter ins Motiv ziehen sollen. Wer ein Fan von Formalen ist, kann den goldenen Schnitt wie folgt berechnen: (a + b) : a = a : b ≈ 1,618. Das ist gut zu wissen. Doch ganz ehrlich: beim Blick durch den Sucher haben wir Besseres zu tun, als mit Kommazahlen zu hantieren.
Eine für den Betrachter harmonische Einteilung entsteht aber auch bei einem Verhältnis 3 : 2. Das passt, denn dafür lässt sich bei den meisten Kameras ein Gitter einblenden. Interessant für das Motiv sind nun all die Punkte, wo sich zwei Gitterlinien kreuzen, sowie auch die beiden Bilddiagonalen. Bei unserer Aufnahme beim Hag's Tower finden wir solch einen Schnittpunkt in Annettes Gesicht. Die anderen drei Schnittpunkte sind unbesetzt. Ins Bild hineingezogen wird der Blick zudem von der Diagonale von links oben nach rechts unten. Diese verläuft durch ihr angewinkeltes Bein und parallel zu ihrem Hemd.
Irland ist bekannt für seine häufigen Regengüsse. Sonst wäre es kaum als »Die Grüne Insel« bekannt. Bei längeren Reisen dürfen wir darauf vertrauen, irgendwann wechselhaftes Wetter zu erleben. Entlang der Küste geht dieses gerne mit sonnigen Abschnitten einher. Das trifft sich. So lebt die Stimmung von unserem Hafenbild bei Dingle vom Kontrast. Während im Vordergrund die Sonne den Asphalt trocknet und ebenfalls noch in der Nähe die bunte Häuserzeile angestrahlt wird, treten die Berge dahinter durch tief hängende Wolken deutlich zurück. Die Häuserzeile befindet sich dabei in etwa ab Höhe der Hafenmauer in oberen Drittel des Bilds. Mehrere Linien lenken hier übrigens den Blick von rechts unten nach links oben zum roten Haus, dessen Herausstellung damit verstärkt wird.
Frontalaufnahmen eignen sich wunderbar, um Informationen zu transportieren. So lassen sich damit Wegbeschreibungen veranschaulichen oder kann sich der Betrachter ein Bild davon machen, was ihn an einem bestimmten Ort erwartet. Aber haben wir auf der Aran-Insel Inishmore wirklich einfach nur mit der Kamera draufgehalten? Auf dem ersten Blick sieht es so aus. Erst bei genauerer Betrachtung ist auch hier die Aufteilung in verschiedene Bildbereich zu erkennen. So wird das mittlere Drittel von der weißen Hauswand eingenommen. Das Dach, der Gang zwischen den Mauern und auch der Blumenschmuck lenken den Blick auf die Bildmitte. Doch dort, wo sich die beiden Bilddiagonalen kreuzen, ist es dunkel. Hier steht die geöffnete Tür im Kontrast zum sonst hellen Bild. Die Wirkung ist stark genug, dass die vier eigentlich gut zu sehenden Gäste des Cafés kaum auffallen.
Langzeitbelichtungen sind überall dort angebracht, wenn nur wenig Licht vorhanden ist, etwa in Kirchen, einer Höhle oder in einem Tunnel. Bei all diesen Aufnahmen sollte nach Möglichkeit ein Stativ eingesetzt werden, um die Stimmung vor Ort zu erhalten. Gleiches gilt am Abend, wenn wir einen Platz so aufnehmen möchten, wie wir ihn wahrnehmen. Daneben machen Langzeitbelichtungen aber auch Sinn, wenn eigentlich genug Licht vorhanden ist. So werden häufig Wasserfälle mit Stativ und langer Zeit aufgenommen, um das Bild mystisch zu verwischen. Dies lässt sich auch an der Küste nutzen. So kann eine sich kräuselnde, wenig spannende Wasseroberfläche auf durch eine längere Belichtung verändert werden. So weit so gut. Tagsüber wird ist es meist so hell, dass wir selbst mit der Blende 22 kaum über eine Sekunde hinauskommen. Um dennoch einen sichtbaren Effekt zu erzielen, haben wir beim Hafen von Ballintoy einen Stopper verwendet. Das ist ein Filter, der die Lichtdurchlässigkeit deutlich verringert. Zu unserer Ausrüstung zählen die Lee Filter Little Stopper und Big Stopper, mit denen wir sechs bzw. zehn Blendenstufen gewinnen. Der Hafen von Ballintoy ist übrigens in der Mittelalter Saga Game of Thrones zu sehen, wo er die Einfahrt zu den Eiseninseln darstellt.
Die Nachbearbeitung von Bildern ist lästig und im Allgemeinen außerdem verpönt. Einerseits ist es zeitaufwendig und andererseits ist die Gefahr der Übertreibung groß. So tauchen immer wieder Bilder auf, die einen irgendwie nicht stimmigen Himmel haben oder viel zu bunt sind. Als Regel gilt hier: weniger ist mehr. Unsere Beispielaufnahme ist auf den Klippen von Moher entstanden. Die Dynamik und Farbsättigung wurde ein bisschen erhöht, spielt hier jedoch keine Rolle. Vielmehr erstaunt Annettes Sprung hoch über den Felsen. Sie ist tatsächlich vom Felsen aus in die Luft gesprungen. Allerdings keinesfalls an der Stelle, wie es auf dem Bild zu sehen ist, sondern ein sicheres Stück weiter links.
Wichtig für die Aufnahme war nur, dass unter ihren Füßen der Himmel zu sehen ist. Das hat es bei der späteren Bearbeitung leicht gemacht, sie an den Punkt des Bildes zu schieben, wo sie jetzt spektakulär über der an sich schon atemberaubenden Kulisse den Blick auf sich zieht. Natürlich könnte sie sich leicht noch weiter nach draußen oder höher setzen. Uns ist jedoch wichtig, Fotomotive passend zu präsentieren und nicht zu übertreiben. Schließlich wollen wir nicht das Gefühl haben, dass da etwas nicht stimmt, sondern uns auch später an die Erinnerungen der Fotoreise durch Irland erfreuen.